Schwimmzentrum Nürnberg-Langwasser

Die Stadt Nürnberg stellt sich den klimapolitischen Herausforderungen bereits seit 2010: seitdem sollen alle öffentlichen Neubauten, die durch die Kommune errichtet oder betrieben werden, im energetischen Passivhaus­standard realisiert werden. Ein Anspruch, den wir als Planer sehr begrüßten, aber auch eine Herausforderung, wie wir wussten.

Zu Beginn unserer Entwurfsarbeiten gab es in Deutschland le­diglich zwei im Passivhausstandard geplante Bad-Pilotprojekte. Allerdings waren beide nicht geeignet, für ein Projekt der Grö­ßenordnung des Schwimmzentrums tatsächlich Vorbild zu sein. Verbindliche Richtlinien und Vorgaben gab es zu diesem Zeit­punkt nicht. Darüber hinaus war auch nicht davon auszugehen, dass Nürnberg Mittel für ein entsprechendes Forschungsprojekt zur Verfügung gestellt bekommen würde.

Die Konsequenz lautete also: Selbermachen! Zu der Runde der Entwicklungspartner zählten unser Auftraggeber, Nürnberg­ Bad, das kommunale Energiemanagement der Stadt Nürnberg H­KEM und das Ingenieurbüro Sorge für Bauphysik. Als erstes legten wir die Latte hoch und einen Katalog an Zielen fest, die für das energieeffiziente Großprojekt gelten sollten und die wir uns zutrauten.

Unsere Entwurfsprämissen beschrieben ein attraktives und von Tageslicht durchflutetes Gebäude, das sowohl für den Schul-­ und Vereinsbetrieb als auch für die täglichen Besucher ein Anzie­hungspunkt werden sollte. Damit hatten wir uns bereits einige bauphysikalische Vorgaben auf die Agenda geschrieben, für die wir nun optimieren mussten.

Zunächst ging es uns darum, die Beanspruchung primärer Ener­gieträger deutlich zu reduzieren. Dazu konnten wir bewährte technische Komponenten einsetzen und sie intelligent kombinie­ren.

Dann stand der Transmissionswärmeverlust im Fokus – also die ungenutzte Energieabgabe an die Umwelt.

Das Raumprogramm des Schwimmzentrums sah acht Schwimmbecken mit einer ge­samten Wasserfläche von 2.200 m2 vor. Daher galt es, ein Ge­bäude mit einem optimierten Hüllflächen­-Bauvolumen­-Verhältnis zu skizzieren. Zusätzlich wurden ausgefeilte wärmebrückenfreie Details entworfen und moderne Bauteile ausgewählt, um Transmissionen bestmöglich zu vermeiden.

Diese reduzierten Transmissionsflächen wurden in weiteren Schritten energetisch verbessert. Dazu war es erforderlich, ge­meinsam mit den Bauphysikern die gesamte Klaviatur technischer Möglichkeiten auszureizen: Optimal ausgerichtete Glasfassaden, die in einem ausgewogenen Verhältnis zu hochgradig gedämm­ten opaken Bauteilen stehen, steigern z. B. die solaren Energie­gewinne. Dies gelingt aber nur, wenn ausgefeilte Lüftungstechnik mit hohen Wärmerückgewinnungsgraden zusammen mit intelli­genter und vernetzter Mess-­, Steuer­ und Regeltechnik wirkt.

Um sicherzugehen, entschieden wir uns aufwendige Wärmebrü­ckenberechnungen durchzuführen. Sie bestätigten unser Vorge­hen und unsere Planungen: Alle relevanten Konstruktionsdetails wiesen darauf hin, dass zukünftig ein energetisch wirtschaftlicher Betrieb des Schwimmzentrums möglich ist. Auch spätere mögliche bauphysikalische Schadstellen wurden so ausgeschlossen. Zusätzlich erarbeiteten wir optimale Dämmstärken an Wand, Fas­sade und den erdberührten Bauteilen. Diese Aufgabe spannte alle Architekten und Fachingenieure in einen mehrstufigen ite­rativen Prozess, der sowohl durch Wirtschaftlichkeitsberechnungen als auch bauphysikalische Nachweise gestützt wurde.

Der CO2-Fussabdruck des Gebäudes prägt die Planung

Auch der CO2-­Fußabdruck des Gebäudes wurde zum Thema (Dämmstoffe und sonstige Baumaterialien). Zum Beispiel bei der Materialwahl der Schwimmbecken: von der Recyclingfähigkeit reiner Edelstahlkonstruktionen ließen sich Planer und Bauherren überzeugen. Die Wahl für das Hallentragwerk fiel dagegen auf den nachwachsenden Werkstoff Holz. Schließlich tragen heute unkomplizierte und wirtschaftlich herzustellende Details genau­ so zur Nachhaltigkeit der Konstruktion bei, wie der Verzicht auf aufwendige Korrosionsschutzsysteme.

Obwohl das Bad an das Fernwärmenetz der Stadt Nürnberg angeschlossen wird, wurden weitere planerische Maßnahmen zur Reduktion des externen Wärmeenergiebedarfes getroffen. Die mit Erdgas ökologisch sinnvoll beheizten Saunakabinen erwärmen in deren Fußböden verlegte Brunnenwasserleitungen, die im Weiteren den Füllwas­serspeicher speisen. Ebenfalls an die Sauna angeschlossen ist ein eigenes Lüftungszentralgerät mit hohem Energierückgewinnungsgrad.

Auf den Flachdächern des Komplexes ist in weiten Teilen eine Solarabsorberanlage geplant, deren Wärme der Füll­- und Brauchwassererwärmung dient. Wärmerückgewinnungssys­teme an verschiedenen Stellen in der Badewasseraufbereitung sorgen ebenfalls für die Verringerung des Verbrauches an fossi­len Energieträgern.

Betriebliche Maßnahmen der Planung wie der „interne Umwälz­betrieb“ der Badewasseranlagen außerhalb der Betriebszeiten oder die nächtliche Absenkung des Umwälzvolumenstromes der Lüftungsanlagen helfen, den Stromverbrauch zu schmälern.

Monitoring muss sein

Zur weiteren Optimierung des Betriebes wurde schließlich ein ausgefeiltes und vorausschauend strukturiertes Netz aus Senso­ren, Reglern und Zählern geplant. Dies ermöglicht das Monitoring der ersten Betriebsjahre und einen sinnvollen, auf energetischen Kennziffern basierenden Betrieb.

Mit den Maßnahmen sind wir sicher, unseren Bauherren im Som­mer 2015 mit dem Schwimmzentrum Langwasser ein Objekt übergeben zu haben, das nicht nur alle Erwartungen der Energiepolitiker erfüllt, sondern auch eine attraktive Sportstätte mit öko­logischer Ausrichtung für die Bevölkerung ist. Und alles unter Einhaltung des Kostenrahmens.

Wir danken unseren Mitstreitern für dieses Projekt und ihr Enga­gement.

Schwimmsportzentrum

Nürnberg-Langwasser